Wien/Austria: Horst Ludwig Meyer hingerichtet und Andrea Klump verhaftet zurück

Am Mittwoch den 15. September 1999 wurde in Wien der mutmaßliche RAF (Rote Armee Fraktion)-Aktivist Horst Ludwig Meyer von einer Spezialeinheit der österreichischen Polizei ermordet, und die ebenfalls mutmaßliche RAF-Aktivistin Andrea Klump verhaftet.

Über die Ereignisse, welche zu der Ermordung und Verhaftung führten herrscht derzeit noch Unstimmigkeit und Unglaubwürdigkeit. Laut Generaldirektor für öffentliche Sicherheit in Österreich, Michael Sika, standen beide AktivistInnen auf der Fahndungsliste, allerdings nicht international.

Die bürgerlichen Medien sprechen davon, daß Horst und Andrea bereits im Juli 1999 aufgefallen sein sollen, und von einem "Anrainer" (Kurier), bzw. einer "Anrainerin" (Standard) beobachtet und fotografiert worden seien. Beide wären scheinbar dadurch aufgefallen, daß sie mit "Kappen und Sonnenbrillen" (Kurier) bekleidet herumspazierten. Unverständlich bleibt, wieso Menschen, die im heißen Sommermonat Juli mit Sonnenbrille und Schildkappe bekleidet auffallen sollen.

Die als "sehr guter Erfolg" (Kurier) gepriesene Tötungsaktion soll anscheinend am Mittwoch den 15. September 1999 durch den Anruf einer Frau ins Rollen gekommen sein. Diese Person hatte in der Früh in einem Wettbüro in Wien-Donaustadt zwei verdächtige Personen ausgemacht und dies auch gleich, brav wie AktivbürgerInnen sein sollen, den staatlichen Behörden gemeldet.

Als eine Polizeistreife die beiden AktivistInnen angehalten hat, soll laut TAZ Horst eine Pistole gezückt haben, während Andrea an Messer hervornahm. Als einer der Polizisten per Funk nach Verstärkung verlangte, konnten die beiden mutmaßlichen RAF-Mitglieder die andere Polizistin überwältigen und entkommen. Einige, wenige Straßen weiter soll Horst dann von der Sondereinheit WEGA beim Versuch ein Auto zu knacken gestellt worden sein. Laut TAZ soll Horst zuerst das Feuer auf die heraneilenden PolizistInnen eröffnet haben und dabei einen Beamten mit zwei Schüssen ins Bein verletzt haben. Anschließend soll es zu einem "hitzigen Schußwechsel" (TAZ) gekommen sein, bevor ein Agent der WEGA Horst mit einem Schuß in die Brust tötete. Andrea hat daraufhin scheinbar ihr Messer von sich geworfen und wurde festgenommen.

Glaubt mensch den bürgerlichen Medien so soll es mehrere Stunden gedauert haben, bis die Polizei eigentlich wußte mit wem sie es zu tun hatte (wegen gefälschter italienischer Pässe). Andrea soll erst einen Tag später von eingeflogenen Beamten des Bundeskriminalamtes (BKA) aus Deutschland identifiziert worden sein.

Angeblich sollen bei der Polizei über Zweck und Dauer des Aufenthaltes von Horst und Andrea in Wien noch Unklarheit herrschen. Auch wenn sich die RAF 1998 offiziell selbst aufgelöst hat, so schließ der österreichische Innenminister Karl Schlögel "einen politischen Hintergrund nicht aus" (TAZ).

Interessant und hervorhebenswert erscheint mir die Tatsache, daß Horst seine Verfolger lediglich in die Beine schoß, während die Polizei es scheinbar von vornherein auf sein Leben abgesehen hatten. Parallelen zu den Geschehnissen um Bad Kleinen aus dem Jahre 1993, wo bei einer ähnlichen Aktion Wolfgang Grams gestorben ist und Birgit Hogefeld verhaftet wurde, sind nicht zu leugnen Noch heute zieht mensch den Argwohn der bundesdeutschen Staatsbehörden auf sich wenn mensch behauptet der Tod von Wolfgang sei Mord gewesen. Erst kürzlich wurde deswegen gegen die Rote Hilfe-Zeitung ermittelt.

Darf mensch den bürgerlichen Medien und den Aussagen der österreichischen Polizei glauben so war die Aktion in Wien mehr oder wenig purer Zufall. Sollte dies stimmen, dann braucht sich der Polizeiapparat, ähnlich wie bei der Verhaftung des rechtsextremen Franz Fuchs, keinesfalls zu rühmen.

Andererseits werden kritische Menschen diese ganze Geschichte wohl vielmehr als eine Lüge und Verschleierungstaktik betrachten. Und die Annahmen, daß es sich bei der Hinrichtung von Horst Ludwig Meyer und der Verhaftung von Andrea Klump um einen "Erfolg" der Zusammenarbeit zwischen österreichischen und deutschen Staatsbehörden, im Zuge des Schengen-Abkommens, scheinen nicht einmal so abstrus zu sein.

Fazit der ganzen Aktion: ein toter Genosse, eine verhaftete Genossin (deren Zukunft jetzt relativ unklar ist), eine "erfolgreiche österreichische Polizei" und ein stolzer Innenminister, der behauptet ihm sei "ein schweres Kaliber der deutschen Terrorszene" (TAZ) ins Netz gegangen.

Über die Personen Horst Ludwig Meyer und Andrea Klump ist derzeit noch sehr wenig bekannt. Abgesehen davon, daß laut bürgerlichen Medien Horst 1986 an einem Anschlag auf den Siemens-Manager Karl-Heinz Beckurts beteiligt gewesen sein soll.

Fakt ist, daß wieder einmal ein linker Aktivist von der Staatsmacht exekutiert wurde und eine Aktivistin vielleicht für lange Zeit hinter Gittern muß. Egal wie mensch zur Politik und Geschichte der RAF steht, und in dieser Hinsicht haben wir AnarchistInnen bestimmt mehr als einen kritischen Einwand, so ist Solidarität mit den politischen Gefangenen aus der RAF doch dringend geboten. Besonders Andrea braucht nun unsere Unterstützung im Kampf gegen das vernichtende System.

Derzeit befinden sich immer noch 8 RAF-AktivistInnen in Haft. Einigen geht es gesundheitlich mehr als schlecht und eine Freilassung wäre längst geboten, jedoch widersetzt sich dem der autoritäre Staatsapparat. Einfach aus dem Grund, daß die AktivistInnen ihre politische Gesinnung nicht verleugnen und mit dem deutschen Staat kooperieren wollen.

FREIHEIT FÜR ANDREA!
SOLIDARITÄT MIT DEN GEFANGENEN AUS DER RAF!

RAF-Mitglieder in Haft:
Eva Haule (Frankfurt, seit 1986)
Brigitte Mohnhaupt (Aichach, seit 1982)
Birgit Hogefeld (Frankfurt, seit 1993)
Rolf Heißler (Frankenthal, seit 1979)
Christian Klar (Bruchsal, seit 1982)
Rolf-Clemens Wagner (Schwalmstadt, seit 1979)
Andrea Klump (Wien, seit 1999)
Adelheid Schulz (Köln, von 1982 bis 1998, derzeit wegen schwerer Erkrankung Haftaussetzung)

Derzeitige Haftadresse von Andrea:
Andrea Klump
Justizanstalt Wien-Josefstadt
Wickenburggasse 18-22
1082 Wien
Austria


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Austria
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