Redaktionsschluss 4. Januar 2008

Nachruf auf Erhard Frommhold
Nachruf auf Hedwig Bartkowiak
Antiquaria-Preis 2008
Wechsel in der Spitze der Hans-Meid-Stiftung
150 Jahre E. A. Seemann
Vierzig Jahre Hertenstein-Presse
Stamperia Valdonega Verona – Giovanni und Martino Mardersteig
Bernhard Jäger – Buch- und Druckkunst im Klingspor Museum Offenbach
Geschenk einer Schöffer-Bibel an das Gutenberg-Museum
Ein österreichischer Exlibriskünstler in Thüringen
Bruce Rogers – Amerikanische Buchgestaltung und Typographie des 20.
     Jahrhunderts
Tatjana-Mawrina-Bibliothek
Vademecum Antiquariat 2008
Das neue Wissenschaftsportal b2i
Eine Thomas-Mann-Sammlung für die Berliner Staatsbibliothek
Sammeln um 1900 – eine Ausstellung der Kunsthalle Bremen
Bibliographie der Sammlung Tusculum
Multa paucis
Die Schatzkammern der Universitätsbibliothek Gießen
Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte
Königliche Gartenbibliothek Herrenhausen
Lessings Fabeln in der Breitkopf-Fraktur
Puschkins Schneesturm in der Edition M & M
Pariser An- und Einsichten
Bibliographie der Sammlung Tusculum

 

 

 

 


 

Nachruf auf Erhard Frommhold. Schon am 17. Oktober 2007 starb der verdienstvolle Cheflektor des Dresdner Verlages der Kunst Erhard Frommhold im Alter von 79 Jahren in Dresden an Herzversagen. Der am 8. Mai 1928 in Altenburg geborene gelernte Klempner studierte nach Kriegsdienst in der Wehrmacht und Gefangenschaft von 1947 bis 1951 in Jena Soziologie, Kunstgeschichte und Germanistik, um 1952 in den neugegründeten Verlag der Kunst einzutreten. Hier verbrachte er sein gesamtes Berufsleben bis zum Eintritt in den Ruhestand 1991 als Lektor und Cheflektor. Maßgeblich wirkte er an der Profilierung des Verlages zum führenden Unternehmen für Kunst und Kunstgeschichte in der DDR mit. Zu seinen Verdiensten gehörte die Mitbegründung der Taschenbuchreihe Fundus sowie die Publikation zahlreicher Standardwerke zur europäischen Moderne wie zur Kunst der DDR. Erinnert sei nur an Monographien zu El Lissitzky, John Heartfield und zur Künstlergruppe „Die Brücke“ sowie an die vielen Bücher von Fritz Löffler und Wilhelm Fraenger. Im Laufe der Jahre erlangte der Verlag für rund 100 Titel die Prämiierung „Schönstes Buch“ des Jahres. Frommholds Promotion über Otto Nagel erschien 1974 in Buchform im Henschelverlag Berlin. Im Heft 155 der MARGINALIEN schrieb er anläßlich des 100. Geburtstages des Kunsthistorikers Fritz Löffler über die Höhen und Tiefen seines Berufslebens. 1969 war er wegen der Herausgabe der neuartigen Dokumentation Kunst im Widerstand und des prächtig gestalteten Dresdner Bilderbuches von Ernst Hassebrauk vom Amt des Cheflektors abgelöst worden, um allerdings 1974 neu berufen zu werden. Den Nachlaß hat bereits die Stiftung Archiv der Akademie der Künste Berlin übernommen.

Nachruf auf Hedwig Bartkowiak. Hedwig Bartkowiak, geboren am 7. August 1910 in Stuttgar, siedelte 1985 von Berlin nach Hamburg über und begann sich gemeinsam mit ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter um die Förderung der zeitgenössischen Buchkunst zu engagieren. Bei der Herausgabe des Kompendiums zeitgenössischer Buchkunst war sie federführend. Diese Publikation, in der Buchkünstler und Buchkünstlerinnen aus aller Welt ihre Werke vorstellen konnten, erschien von 1988 bis 2005 in 27 umfangreichen Bänden. Um die in dieser Publikation veröffentlichten Werke möglichst vielen Menschen nahezubringen, organisierte das Familienunternehmen Bartkowiak über 100 Buchkunst-Präsentationen in Deutschland, dem Europäischen Ausland und in den USA. Ein weiterer Unternehmenszweig war die Ausrichtung kleiner und größerer Buchkunstmessen, wie zum Beispiel der Norddeutschen Handpressenmesse, die alle zwei Jahre im Museum der Arbeit in Hamburg stattfindet. Als 1998 der gemeinnützige Verein BuchDruckKunst e.V. Hamburg gegründet wurde, war Hedwig Bartkowiak das erste Gründungsmitglied. An allen Projekten des Familienunternehmens und auch an denen des Vereins wirkte sie bis zu ihrem zweiundneunzigsten Lebensjahr aktiv mit. Dabei konnte sie ihre vielfältigen organisatorischen Fähigkeiten, ihren ausgebildeten Sinn für Ästhetik, ihr immenses Wissen um die Geschichte der Typographie und der Buchkunst ganz in den Dienst der Sache stellen. Dank ihrer unermüdlichen Arbeit im letzten Viertel ihres Lebens genießt Bartkowiaks forum book art in Fachkreisen heute den Ruf einer kulturell weltoffenen, von immer neuen, zukunftsorientierten Ideen beseelten Institution. Die Familie und der Verein BuchDruckKunst e.V. sorgen dafür, daß Hedwig Bartkowiaks Initiative weiter lebt und sich immer wieder auf neue Art entfaltet. Sie starb am 3. Dezember 2007 in Hamburg.
Heinz Stefan Bartkowiak

Antiquaria-Preis 2008. Der im Rahmen der 22. Antiquaria, Antiquariatsmesse Ludwigsburg, am 24. Januar verliehene Preis ging an Hans Ries. Er „erhält den Preis für seine Arbeiten zur Illustrationsgeschichte des 19. Jahrhunderts, die exemplarisch in der Edition der Werke von Wilhelm Busch verkörpert sind. Die Edition ist ein opus magnum zur Geschichte der Illustration und der Illustrationstechnik, ein wichtiger Beitrag zur Kulturgeschichte und die seit langer Zeit ausstehende kritische Ausgabe eines deutschen Klassikers“, heißt es in der Urteilsbegründung. Ries, Jahrgang 1941, ist Autodidakt, der seine Forschungen, Publikationen und Sammlungen auf privater Basis betreibt. Die Laudatio hielt der Kinderbuchexperte und Sammler Prof. Dr. Friedrich C. Heller.

Wechsel in der Spitze der Hans-Meid-Stiftung. Nach langjähriger Tätigkeit als Vorsitzender der Hans-Meid-Stiftung für Buchillustration hat der Zeichner und Illustrator Prof. Klaus Waschk, Hamburg, zum Jahreswechsel das Amt an den Leipziger Verleger Michael Faber übergeben. Klaus Waschk bleibt aber der Stiftung als Mitglied weiterhin verbunden. Ausgeschieden ist hingegen der Graphiker und Illustrator Prof. Karl-Georg Hirsch, Leipzig, der die Arbeit der Stiftung seit Gründung 1993 maßgeblich mitgestaltet hat.

150 Jahre E. A. Seemann. Der Leipziger E. A. Seemann Verlag kann nach bewegten Jahren in jüngerer Zeit auf das große Jubiläum 150 Jahre Verlagsgründung zurücksehen. Noch bis zum 31. März 2008 findet aus diesem Anlaß im Haus des Buches, Gerichtsweg 28, 04103 Leipzig, eine Ausstellung statt. Angeboten wird auch eine Festschrift, die zum Redaktionsschluß noch nicht vorlag. Im nächsten Heft der MARGINALIEN erscheint ein Verlagsporträt von Dr. Ute Willer.

Vierzig Jahre Hertenstein-Presse. Lange vor der Gründung seiner eigenen Presse im Jahre 1967 war Axel Hertenstein als Buchkünstler geschätzt und gefragt. Nun blickt der Graphiker und Illustrator auf 40 Jahre Tätigkeit für seine eigene Presse – zunächst die Harlekin- dann die Hertenstein-Presse – zurück. In dieser Zeit entstanden 137 Bücher mit Texten zumeist zeitgenössischer Autoren und Illustrationen, überwiegend Linolschnitten. Einige dieser Bücher und vor allem Druckgraphik zeigte der Druckladen des Gutenberg-Museums der Stadt Mainz in einer Präsentation vom 17. November 2007 bis zum 31. Januar 2008. Die Räumlichkeiten mit den vielerlei Druckgerätschaften, vor allem auch mit dem Geruch von Farben und Druckerschwärze, gaben gerade dieser Schau das richtige Ambiente. Dominieren sonst im Haus die Pressen, Tiegel und Setzkästen, so waren es nun die Bilder mit ihren einfachen Formen und leuchtenden Farben. 1999 hatte die Stadt Mainz ihren V. O. Stomps-Preis, eine bedeutende Auszeichnung für Künstlerpressen, an Axel Hertenstein verliehen. So wurde ein Mann ausgezeichnet, der bereits 1963 sein erstes Buch mit Gedichten von Else Lasker-Schüler auf einem Boston-Tiegel druckte. Damit hatte er sein 1958 begonnenes Studium an der Kunstakademie Karlsruhe abgeschlossen. Buch, Graphik und Illustration ließen ihn nun nicht mehr los. Erster „Arbeitgeber“ war die Eremiten-Presse des V. O. Stomps. Sie zeichnete sich dadurch aus, daß sie neben bereits etablierten auch jungen, noch weithin unbekannten Autoren und Illustratoren ein Forum bot. Hier waren seinerzeit Beat Brechbühl, HAP Grieshaber, Horst Antes und Christoph Meckel tätig. Hertenstein illustrierte nun Texte von Christa Reinig, Botho Strauß, Marie-Luise Kaschnitz, Hilde Domin und Thaddäus Troll, und er arbeitete am Eremiten-Kalender mit. Das vorgefundene Umfeld, die von Stomps gepflegte Auffassung vom Gestalten und Verlegen bibliophiler Bücher prägten Hertensteins weiteres Schaffen. So war es konsequent, daß der Künstler sich 1967 selbständig machte und als Ein-Mann-Betrieb seine Ziele und Ideale verwirklichte.
Dabei entwickelte Hertenstein im Laufe der Jahrzehnte einen durchaus eigenständigen Stil, der sowohl in der Buchgraphik als auch in den freien Arbeiten unverkennbar bleibt. Ein „Hertenstein“ hat einen eindeutigen Wiedererkennungseffekt. Eine Geistesverwandtschaft mit HAP Grieshaber ist nicht zu leugnen, obgleich Hertenstein seinerzeit nicht bei Grieshaber studierte. Sie erklärt sich wohl durch die geistig-künstlerische Atmosphäre an der Karlsruher Akademie um 1960. Hier hatte man versucht, „sich von denjenigen Tendenzen der abstrakt-informellen Kunst abzusetzen, bei denen allein die künstlerischen Mittel, der individuelle Gestus des Farbauftrags oder der Pinselführung den eigentlichen Inhalt der Kunstwerke bildeten und nicht die Gegenstände der äußeren und inneren Erfahrungswelt“ (Michael Koch). Hertenstein blieb seiner Linie treu, und darin liegt wohl auch das Geheimnis seines Erfolges begründet. Die in Mainz ausliegenden Bücher zeigten das deutlich: Frank Geerk: Der Steuermann, Christoph Meckel: Federlesen und Tandalon, Karlhans Frank: Wasserspiele und Feuer, Ludwig Harig: Menschen – Tiere – Sensationen und Was sind wir Menschen doch. Die meisterlich gedruckten Bücher mit jeweils mehreren Graphiken erschienen in Auflagen zwischen 100 und 500 Exemplaren.
Ferdinand Puhe

Stamperia Valdonega Verona – Giovanni und Martino Mardersteig. Zur Leipziger Buchmesse wurde im Museum für Druckkunst Leipzig, Nonnenstraße 38, eine Ausstellung über die Stamperia Valdonega eröffnet, die von Hans (Giovanni) Mardersteig 1948 gegründet worden war. Nach der Officina Bodoni war die Stamperia Valdonega die zweite Druckerei des aus Weimar stammenden Hans Mardersteig, mit der er auch größere Auflagen in hoher Qualität herstellen konnte. Seit 1966 arbeitete Mardersteigs Sohn Martino in dieser Druckerei mit und übernahm sie 1970. Die Ausstellung zeigt eine reiche Auswahl aus dem Schaffen der Stamperia Valdonega sowie Entwürfe, Zeichnungen, Druckgraphiken und Dokumente. Sie ist bis zum 29. Juni zu sehen.

Bernhard Jäger – Buch- und Druckkunst im Klingspor Museum Offenbach. Dem Altmeister der Buchkunst Bernhard Jäger widmeten die Offenbacher eine große Ausstellung mit einem Überblick über das gesamte, vor allem aber das aktuelle Schaffen. Vom 24. Oktober bis zum 18. November 2007 zeigte das Klingspor Museum Graphiken, Bücher und Entwürfe.
Jäger, 1935 in München geboren, begann zunächst ein Studium der Biologie, um dann von 1957 bis 1960 an der Werkkunstschule Offenbach die Technik der Lithographie zu erlernen. Bereits am Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit hatte sich Bernhard Jäger dem Buch verschrieben. Zusammen mit Thomas Bayrle betrieb er von 1962 bis 1966 die Gulliver-Presse, Bad Homburg, in der beide typographisch experimentelle Bücher gestalteten, insgesamt 23 Bücher und Mappen. Zu Texten von zeitgenössischen Autoren wie Bazon Brock, Franz Mon, Ernst Jandl und V. O. Stomps schufen Bayrle und Jäger raumgreifende Lithographien, die Innerstes offen legen, so in Jandls Hosianna. Großformatige Köpfe oder ganze Körper zeigen eine labyrinthische Anatomie, die auch Ähnlichkeiten mit dem Inneren von Maschinen aufweisen. Das Gleichgewicht zwischen rund und eckig bleibt fast immer gewahrt. In diese Zeit fällt auch der Beginn einer Freundschaft mit Stomps, dem Gründer der Rabenpresse und später der Eremiten-Presse. Für Letztere illustrierte Jäger in den Jahren 1963 bis 1970 mehrere Bücher. Es begann mit dem Alphabet 1962, einem Lyrik-Jahrbuch von V. O. Stomps mit fünf Serigraphien von Bayrle und Jäger (Eremiten-Presse, 1963). Nach dem Ende der Zusammenarbeit mit Bayrle wandte sich Jäger verstärkt der freien Graphik zu. Doch blieb er durch seine zahlreichen Kontakte zur Handpressen-Szene im Rhein-Main-Gebiet dem Buch verbunden. Neben der Arbeit für die Eremiten-Presse schuf Jäger graphische Beiträge für die Galerie Patio und die Pawel-Pan-Presse.
1974 erhielt Bernhard Jäger den 2. Preis der „Footprint“-Ausschreibung in Seattle und seit 1980 ist er Mitglied der Darmstädter Sezession. Nach einer Gastdozentur an der Städelschule in Frankfurt am Main übernahm Jäger in den Jahren 1984 bis 2000 die Leitung der Abendschule an dieser Hochschule für Bildende Künste. 1990 begann ein neuer Werkabschnitt, der Jäger zu einer sehr reduzierten Formensprache führte. Er entwickelte eine große Anzahl von piktogrammartigen Figuren, die er „Prototypen“ nannte. Dabei handelt es sich um einfache flächige, oft äußerst archaisch anmutende Formen, aus denen durch Überdrucken in mehreren Farben komplexe Gestalten entstehen. Dafür verwendet Jäger vorzugsweise die Technik des Holzschnitts. In dieser Zeit hatte der Künstler auch eine Gastprofessur an der Fachhochschule Hamburg inne. Ein schönes Beispiel der neuen Formensprache präsentierte die Ausstellung, Gottfried August Bürgers Münchhausen mit Aquarellen, Bleistift- und Tuschzeichnungen. Die Gestaltung des in der Büchergilde Gutenberg 1994 erschienenen prächtigen Buches lag in den bewährten Händen von Uta Schneider und Ulrike Stoltz. 1995 veröffentlichte der Quetsche Verlag für Buchkunst, Witzwort, Der Golem – Eine Legende von Isaac Bashevis Singer mit den kongenialen Illustrationen von Bernhard Jäger, ein imposantes Buch! Für die Mariannenpresse illustrierte Jäger Vom Leichtfuß von Einar Schleef. 2007 übertrug die Büchergilde Gutenberg Bernhard Jäger die Umschlaggestaltung der von Jorge Luis Borges herausgegebenen dreißigbändigen Reihe Die Bibliothek von Babel. Hier handelt es sich um eine Künstleredition der persönlichen Lieblingswerke von Borges mit Autoren aus drei Jahrhunderten und fünf Kontinenten. Die Originalentwürfe zu den Umschlägen sind vom 8. März bis 17. April in der Büchergilde Gutenberg in Frankfurt/Main zu sehen.
Die Offenbacher Ausstellung belegte einerseits die Arbeitsweise des Künstlers anhand vieler Skizzen und Entwürfe, andererseits zeigte sie den im Verlauf seiner Arbeit unterschiedlichen Formenreichtum seiner Figuren. Die differenzierte Binnenzeichnung – angelegt in großem farblichen und formalem Spektrum – dominiert seine Arbeiten bis in die neunziger Jahre. Die neueren Werke zeigen Darstellungen in zeichenhafter Konzentration und in der Kontrastierung von Farbflächen. „Der experimentelle Umgang mit dem Verfahren des Holzdrucks sowie das Gestalten mit dem Handwerkszeug des Typographen sind kennzeichnende Charakteristika, Figuren am Rande der anthropomorphen Gestalt sichtbar zu machen“, so Dr. Stefan Soltek, der Leiter des Klingspor Museums. Die Exponate aus der älteren Schaffensperiode des Künstlers stammten zumeist aus dem Bestand des Museums.
Ferdinand Puhe

Geschenk einer Schöffer-Bibel an das Gutenberg-Museum. Seit Jahrzehnten wußte man von einer evangelischen Luther-Bibel aus dem Jahre 1524, die sich in Privatbesitz befand. Das Titelblatt war einmal abgebildet worden, sonst aber war wenig bekannt über das einzig erhaltene Exemplar dieses von Johann Schöffer, dem Sohn des langjährigen Gutenberg-Mitarbeiters Peter Schöffer, in Mainz gedruckten Buches im handlichen Oktavformat. Im Katalog seiner 102. Auktion kündigte das Kölner Auktionshaus Venator & Hanstein diese Rarität zur Versteigerung an. Man kann sich vorstellen, wie sehr das Gutenberg-Museum am Erwerb dieses wichtigen Belegs der Druckgeschichte interessiert war. Tatsächlich gelang es dank einer großzügigen Spende des Mainzer Rechtsanwalts und Ersten Justitiars des ZDF, Professor Dr. Ernst W. Fuhr, das einzigartige Zeugnis Mainzer Druck- und Religionsgeschichte an seinen Ursprungsort zurückzuholen.
Als Vorlage für dieses gantz Neüw Testaments, recht grüntlich verteütscht von Martin Luther, benutzte Schöffer die Oktavausgabe des Neuen Testaments, die im gleichen Jahr Andreas Cratander in Basel herausgebracht hatte. Schöffer hatte beim Nachdruck einige Korrekturen und kleinere Veränderungen vorgenommen, doch war ihm der Paginierungsfehler auf Seite 537 entgangen. So trägt auch bei ihm diese Seite die falsche Zahl dxxvij. In den Illustrationen folgte Schöffer dem konservativen Bildprogramm in Cratanders Druck. Allerdings verzichtete er auf die Bebilderung der Apokalypse, wie sie seit Lukas Cranachs Holzschnitten in Luthers Septembertestament (1522) bekannt war. Bei ihm erhielten aber die Evangelien, die Apostelgeschichte und einige der Episteln nicht nur Holzschnittinitialen, sondern ganzseitige Eingangsbilder. Damit folgte Schöffer der Wittenberger Oktavausgabe des Melchior Lotter aus dem gleichen Jahr. Für den Titel verwendete Johann Schöffer teilweise Typen, die bereits sein Vater für den Druck seines ersten Werkes, des Mainzer Psalters von 1457, eingesetzt hatte.
Ferdinand Puhe

Ein österreichischer Exlibriskünstler in Thüringen. Am 8. Dezember 2007 wurde im Museum Schloss Burgk eine opulente Ausstellung eröffnet. Ottmar Premstaller präsentierte hier Exlibris, Gelegenheitsgraphik und Bücher. Bei winterlichen Temperaturen hatten sich zur Vernissage in der frostigen Schloßkapelle der Burganlage Graphikfreunde und Bibliophile sowie Freunde des Künstlers versammelt. Aber ein wenig herzerwärmende Musik, in brillantem Spiel auf der Silbermannorgel vorgetragen, schuf dann eine anheimelnde Atmosphäre. Daß der Künstler zum Abschluß jedem Besucher ein signiertes Exlibris überreichte, wurde freudig begrüßt.
Den oberösterreichischen Exlibriskünstler und Tierarzt Dr. Ottmar Premstaller hier vorzustellen erübrigt sich, hat doch Manfred Neureiter im Heft 182 der MARGINALIEN diese Aufgabe bereits umfassend erledigt. Der Organisatorin Sabine Schemmrich war es nach über zehnjähriger Vorbereitung endlich gelungen, „einen der bekanntesten Exlibriskünstler im deutschsprachigen Raum“ in das traditionsreiche Haus zu holen. Auf drei Etagen werden nunmehr bis März repräsentative Beispiele aus dem Lebenswerk des fast 81jährigen Künstlers gezeigt.
Ottmar Premstaller hat bisher 829 Exlibris geschaffen. Sein Graphikwerkverzeichnis führt 1073 Positionen auf. Eine umfassende Auswahl davon ist in der Exlibris-Galerie zu sehen. Immer wieder ist zu bewundern, wie die kleinformatigen Drucke – echte Gebrauchsexlibris eben – eine ideale Verbindung von Bild und Schrift demonstrieren. Daß die Technik des Hochdrucks, vor allem bei den Farbdrucken wird das sichtbar, meisterhaft ausgeübt wird, kann hier nicht nur beiläufig erwähnt werden.
Im Grafik-Kabinett kann man in vier Vitrinen Drucke von Premstallers St. Georgs-Presse bewundern. Besonders die kleinformatigen Bücher zu den Kellergassen (von 2004) und den Weinwächtern (von 2006) mit den reizvoll-graphischen Holzstrukturen der „Presshaustüren“ zeigen eine enge Verbindung zu seiner österreichischen Heimat, eine „volkstümliche“ Kunst im besten Sinne. Die Bibliographie der St. Georgs-Presse nennt 192 Editionen. Da einige Bücher bereits in 2. Auflage vorliegen, kommt man hochgerechnet auf eine Gesamtproduktion von fast 50 000 Büchern! Das alles entsteht im Keller seines Hauses, denn „er selbst ist Setzer, Drucker, Buchbinder und Illustrator in einem“ (Neureiter).
Ein „Schmankerl“ für Freunde der Kleingraphik wird im Rittersaalgang geboten. Von den über 500 Exlibris, die in über 50 Jahren auf seinen Namen geschaffen wurden, offeriert eine Auswahl die Entwicklung der Exlibriskunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. So eine Übersicht bekommt man aus einer individuellen Sammlung selten zu sehen.
Peter Labuhn

Bruce Rogers – Amerikanische Buchgestaltung und Typographie des 20. Jahrhunderts.
Das Gutenberg-Museum Mainz zeigte vom 22. November 2007 bis zum 27. Januar 2008 einen eindrucksvollen Überblick über das Schaffen eines der ganz Großen der amerikanischen Buchkunst, dessen Schaffen am Buch schon früh über die Grenzen der USA hinaus gedrungen war. Bruce Rogers (1870-1957), dessen 50. Todestag sich 2007 jährte, hatte für den Limited Editions Club, für den Grolier Club, die Cambridge University Press, die Oxford University Press und die Harvard University Press gearbeitet. Viele der für diese Pressen hergestellten Rogers-Bücher sind heute gefragte Zimelien.
Am Beginn der Arbeiten von Rogers stand die Kenntnis der Werke der Kelmscott Press von William Morris. Die Ideale von Morris realisierte Rogers während seiner Mitarbeit in der Riverside Press in Cambridge (Massachusetts). Hier entwarf Rogers die Centaur-Antiqua, die ab 1929 als Monotype-Version weite Verbreitung fand. Bereits zuvor hatte er die Brimmer und die Montaigne entworfen. Später folgte noch die Riverside Caslon, deren neuere Fassung unter dem Namen Caslon-Antiqua bekannt ist. In den Jahren 1916 bis 1929 war Rogers für verschiedene Pressen in England tätig. Er korrespondierte mit Emery Walker.
Die gezeigten Exponate, neben Schriftentwürfen vor allem Bücher, belegten in beeindruckender Weise die Meisterschaft von Bruce Rogers. Fast alle Objekte waren Leihgaben des Sammlers und Bibliothekars Hans Eckert, der auch als Kurator der Ausstellung fungierte. Dem Betrachter fielen besonders ins Auge ein Boccaccio Life of Dante (Riverside Press, 1904, in der Montaigne Antiqua), ein Vergilius Georgics (Riverside, 1904, in der Brimmer Kursiv), ein Äsop Fables (Oxford University Press für den Limited Editions Club, 1933, in der Fell Antiqua). Ein Höhepunkt in Bruce Rogers Werk ist wohl The Holy Bible (Oxford University Press, 1935, in einer überarbeiteten Centaur, Folioformat).
Die besondere Stärke von Rogers bestand darin, daß er die entscheidenden Werte, die die Tradition anbot, bewahrte. Er war in der Lage, sich in der Sprache der Tradition auszudrücken, und mit dieser Fähigkeit schuf er Bücher von unübertroffener Stilsicherheit, von Würde und Kraft, Leistungen, die nur durch Selbstdisziplin, Kenntnisse der Kunst- und Typographiegeschichte sowie Einfühlungsvermögen zu erreichen waren.
Ferdinand Puhe

Tatjana-Mawrina-Bibliothek. In Berlin wird wieder heftig um die Reduzierung der öffentlichen Bibliotheken in den Stadtbezirken gestritten. Mancherorts entstehen Initiativen, um die von der Schließung bedrohten Kiezbibliotheken unter Führung eines Interessenvereins weiterzuführen. In diesem Zusammenhang ist das Projekt hervorzuheben, eine Privatbibliothek öffentlich zugänglich sind machen. Die Tatjana-Mawrina-Bibliothek in Berlin-Moabit, Sickingenstraße 7, 10553 Berlin (Tel. 030/3918424, E-Mail: wometzger@aol.com) wird seit einigen Jahren von unserem Pirckheimerfreund Wolfgang Metzger geführt. Sie ist auf Kinder- und Jugendbücher spezialisiert, hat einen Buchbestand von 6000 Titeln, ein Filmarchiv mit rund 1200 Spiel-, Zeichen- und Puppentrickfilmen sowie ein Tonarchiv und wird als Präsenzbibliothek geführt. Sammelschwerpunkte sind Kinder- und Jugendbücher, Märchen und Sagen, alte Kinderbücher, Popup-Bücher und Sekundärliteratur zum Kinder- und Jugendbuch überwiegend aus Osteuropa. Zum Jahresende 2007 hat Wolfgang Metzger ein Informationsheft über die Namensgeberin Tatjana Alexejewna Mawrina (1902-1996) herausgegeben. Neben Landschaftsbildern, vorwiegend mit Motiven von der Wolga und der Moskauer Umgebung, gehörte Buchgraphik zu ihren Arbeitsschwerpunkten. Das Heft enthält eine Biographie, bibliographische Notizen und vier Porträts, die Kunstkritiker und der Kinderbuchautor Juri Kowal geschrieben haben.

Vademecum Antiquariat 2008. Unter diesem Titel erschien zum Jahresende 2007 ein Verzeichnis aller Antiquariatsfirmen, die in der Arbeitsgemeinschaft Antiquariat im Börsenverein des Deutschen Buchhandels, im Verband Deutscher Antiquare und in der Genossenschaft der Internetantiquare (GIAQ) organisiert sind. Insgesamt sind 470 Mitgliedfirmen alphabetisch mit der Adresse, Angabe von Telefon-, Faxnummer, E-Mail-Anschrift, den Geschäftszeiten und Spezialgebieten aufgeführt. Viele Firmen verfügen bereits über eigene Internetauftritte, wo weitere Informationen erteilt werden und aktuelle Angebote gelistet sind. Unter den 470 Ladengeschäften, Internetfirmen und Auktionshäusern befinden sich auch 47 Firmen aus Österreich, der Schweiz und dem übrigen Ausland. Für eine allgemeine Tendenz steht die Zahl von nur 263 Geschäften, die einen Laden führen oder doch regelmäßige Geschäfts- und Besuchzeiten haben. Ein Register ordnet die Einträge nach Orten. Mit 50 Firmen sitzen die meisten organisierten Antiquare in Berlin, gefolgt von Hamburg (mit 28 Antiquaren), München (25), Stuttgart (14) und Frankfurt am Main (12). Ein weiteres Register erschließt die Firmen nach Sachgebieten. Von Alchemie bis Zoologie findet sich eine große Bandbreite der Spezialisierungen. Nicht wenige Firmen beschreiben ihr Aufgabengebiet allerdings mit dem traditionellen Profil „Allgemeines Antiquariat“. Besonders häufig sind die Fachgebiete Alte Drucke, Architektur, Autographen, Bibliophilie, Buchwesen, Geisteswissenschaften, Geschichte, Graphik, Illustrierte Bücher, Kunst und Kunstgeschichte, Naturwissenschaften, Orts- und Landeskunde, Philosophie, Reisen und leider auch „Literatur“, womit wohl Belletristik gemeint ist. Das von Björn Biester und Matthias Glatthor erarbeitete Verzeichnis, ist unter anderem zu beziehen beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Geschäftsstelle Arbeitsgemeinschaft Antiquariat, Großer Hirschgraben 17-21, 60311 Frankfurt am Main. Demnächst erscheint unter www.boersenblatt.net/antiquariat auch eine Online-Version.
Der Überblick, den das Vademecum Antiquariat liefert, ist hilfreich und sicher auch repräsentativ, erschöpfend leider nicht, wie ein Blick in das zur gleichen Zeit vom Landesverband Berlin des Börsenvereins herausgegebene Verzeichnis Antiquariate in Berlin 2008 offenbart. Darin sind 98 Firmen in Berlin und Umgebung vertreten, die ihren Eintrag zu bezahlen bereit waren. Also knapp doppelt so viele Berliner Antiquare wie im Vademecum, wobei nicht einmal alle im Vademecum erscheinenden Firmen im Berliner Verzeichnis enthalten sind. Das Verzeichnis von 2005/6 hatte noch 124 Einträge. Wodurch dieser Schwund zu erklären ist, bleibt unkommentiert. Die Verlagerung der Geschäftstätigkeit in das Internet war schon vor drei Jahren vollzogen. Wahrscheinlich spiegelt sich darin die schlechte Geschäftsentwicklung durch den Preisverfall im Internethandel wider. Von den 2008 aufgeführten 98 Firmen geben 78 an, einen Laden zu führen oder doch regelmäßige Geschäfts- und Besuchszeiten zu haben. Nur noch 31 Antiquare versenden regelmäßig Kataloge in gedruckter Form. (Leider fehlt eine solche Angabe im Vademecum.) Neu ist der von mehreren Antiquaren genannte Weg mittels elektronisch versandter Kataloge zusätzlich zum allgemeinen Angebot auf den Internetplattformen und der Homepage Kunden zu erreichen. Das Berliner Verzeichnis ist nach Stadtteilen geordnet und hat auch ein Register nach Sachgebieten. Mit 16 Firmen sind die meisten Antiquariate in Charlottenburg ansässig, gefolgt von Schöneberg (19), Kreuzberg (8), Mitte (8) und Prenzlauer Berg (8). Das Heft wird kostenlos von allen eingetragenen Antiquaren verteilt.
C. W.

Das neue Wissenschaftsportal b2i. Seit 2007 ist b2i, das zentrale Wissenschaftsportal für die Bibliotheks-, Buch und Informationswissenschaften, online: www.b2i.de. Nach dem Vorbild der virtuellen Fachbibliotheken bündelt b2i Fachinformation, Datenbanken und Bibliothekskataloge der Bibliotheks-, Buch- und Informationswissenschaften und macht sie über eine gemeinsame Oberfläche bequem zugänglich. Dazu gehören auch für Bücherfreunde wichtige Auskunftsmittel wie die „Bibliographie zur Buch- und Bibliotheksgeschichte“ (BBB), die „Wolfenbütteler Bibliographie zur Geschichte des Buchwesens“ (WBB), der elektronische Bibliothekskatalog des „St. Galler Zentrums für das Buch“ (SGZFB) und das von Bernhard Fabian herausgegebene Handbuch der historischen Buchbestände einschließlich des österreichischen Pendants Handbuch der historischen Buchbestände in Österreich.
Dieter Schmidmaier

Eine Thomas-Mann-Sammlung für die Berliner Staatsbibliothek. Der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz ist es gelungen, eine bedeutende Thomas-Mann-Sammlung zu erwerben und damit Berlin zu einem wichtigen Standort für die Thomas-Mann-Forschung zu machen. Aus dem regulären Etat hätte die Bibliothek diesen Ankauf nicht bezahlen können, deshalb sprangen wieder einmal „Die Freunde der Staatsbibliothek zu Berlin“ mit ihrem rührigen Vorsitzenden, Prof. Dr. h.c. Klaus G. Saur, ein. Ihnen gelang es, neben eigenen Spenden Sponsoren zu werben und die nicht unbeträchtliche Summe aufzubringen. Die Sammlung wurde zusammengetragen von der Literaturwissenschaftlerin Clara Waldrich aus München. Es handelt sich um 183 handschriftliche oder maschinenschriftliche Briefe, zirka 300 Bücher (Erstausgaben, signierte Ausgaben, illustrierte und Vorzugsausgaben) und verschiedene Dokumente und Fotos.
Am 30. Oktober 2007 fand im Haus Potsdamer Straße eine Veranstaltung statt, bei der die Sammlung offiziell vorgestellt wurde. Gleichzeitig wurden einige besonders wertvolle Stücke ausgestellt, die ahnen ließen, um was für ein hochkarätiges Konvolut es sich handelt. Auf der Veranstaltung sprach Dr. Dirk Heißerer, Vorsitzender des Thomas-Mann-Förderkreises München e.V. und Verfasser mehrerer Bücher über Thomas Mann und Bayern, über das Thema Thomas Mann und Berlin. Auf launige und witzige Art wußte er viel dazu zu sagen. Zwar hat Thomas Mann die längste Zeit seines Lebens in München verbracht, aber auch die Reichshauptstadt spielte keine geringe Rolle. Dort lebten reiche Verwandte seiner Frau, die Rosenbergs, die ihm eine wertvolle Taschenuhr der Firma Glashütte schenkten, die er bis an sein Lebensende besaß. Dort war der Sitz seines Verlages S. Fischer, dem er ebenfalls lebenslänglich treu blieb. In Berlin befand sich auch die Preußische Akademie der Künste, deren Sektion Dichtkunst er bis zum Beginn der Naziherrschaft angehörte. Nach 1945 erschienen seine Bücher als Lizenzausgaben im Suhrkamp Verlag, vormals S. Fischer, in Berlin. Nach der Gründung der DDR wurde auch der Ostteil der Stadt für ihn wichtig, denn dort befand sich der Aufbau-Verlag, der unter seinem Leiter Walter Janka, der von der ganzen Familie Mann sehr geschätzt wurde, die erste Gesamtausgabe herausbrachte und ihm zum 80. Geburtstag schenkte. Das im Osten noch zu seinen Lebzeiten gegründete Thomas-Mann-Archiv der Deutschen Akademie der Wissenschaften blieb allerdings weniger bedeutsam, da es an Autographen und Devisen fehlte. Die DDR mit ihrer Hauptstadt Ost-Berlin jedenfalls schätzte und förderte Thomas Mann, aus welchen Gründen auch immer, mehr als die frühe Bundesrepublik, nachdem die ersten Schwierigkeiten der Bezahlung überwunden waren. - Der Vortrag von Dirk Heißerer enthielt neben anderen interessanten Mitteilungen die, daß Prof. Frido Mann, der jetzige Chef der Familie, alle Sperrungen, die über bestimmte Bestände verfügt worden waren, so über den Briefwechsel mit Ida Herz, aufgehoben hat.
Michael Schädlich

Sammeln um 1900 – eine Ausstellung der Kunsthalle Bremen. Aus Anlaß des 150jährigen Bestehens des Norddeutschen Lloyd widmet sich der Ausstellungskatalog Altes, Neues, Allerneuestes. Sammeln um 1900. Eine Ausstellung zu Ehren von H. H. Meier jr. und Heinrich Wiegand. Bremen: Hachmannedition, 2007. 125 S. 4° Pp. Euro 25. ISBN 978-3-939429-21-0 zwei der wichtigsten Personen des Bremer Kaufmanns- und Kulturlebens um 1900 und deren Sammlungen. Hermann Heinrich Meier jr. (1845-1905), Sohn des bekannten Gründers des Norddeutschen Lloyd H. H. Meier, und Heinrich Wiegand (1855-1909), seit 1892 Direktor des Norddeutschen Lloyd, waren Mitglied im Vorstand des Kunstvereins in Bremen. Meier besaß über 60 000 druckgraphische Arbeiten europäischer und amerikanischer Künstler insbesondere des 19. Jahrhunderts (von Jacques Callot und Francisco de Goya bis zu Edvard Munch und Käthe Kollwitz), Wiegand konzentrierte sich auf japanische Farbholzschnitte und Blockbücher des 17. bis 19. Jahrhunderts und trug eine mehrere hundert Blätter umfassende Sammlung zusammen. Beide übergaben dem Kunstverein ihre Privatsammlungen, prägten damit die Kunsthalle Bremen nachhaltig und machten sie zu einer der führenden Sammlungen im Bereich der neuzeitlichen Druckgraphik. Aus diesem großen Fundus konnten die Herausgeber Anne Röver-Kann und Andreas Kreul schöpfen. Neben zwei sehr lesenswerten fundierten biographischen Beiträgen wurde eine Fülle von Informationen in einem attraktiven Band zusammengestellt. Im Mittelpunkt steht die Liste der Ausstellungsstücke mit Lebensdaten der Künstler und Titel der gezeigten Werke. Die Katalogangaben sind auf ein Minimum begrenzt, es gibt viele Abbildungen, die meisten leider in Minibuchgröße (etwa drei mal vier Zentimeter), einige davon aber die Seite ausfüllend. Den Abschluß bildet ein Register der Künstler. Es ist unverzeihlich, daß auf ein Verzeichnis der bei den einzelnen Einträgen aufgeführten, dort aber abgekürzt zitierten Literatur verzichtet wurde. Das Buch im Format 29 mal 22 Zentimeter ist ansprechend gestaltet, enthält einen Schutzumschlag in hellblau, Bucheinband und Vorsatz sind in grau gehalten. Die Ausstellung findet vom 20. Februar bis 1. April 2007 statt.
Dieter Schmidmaier

Bibliographie der Sammlung Tusculum. Seit 1923 brachte der Verleger Ernst Heimeran (1902-1955), angeregt durch seinen Geschichtslehrer, die Werke antiker Autoren in zweisprachigen Ausgaben heraus. Heute wird diese Reihe innerhalb der Patmos-Verlagsgruppe weitergeführt. Horst Kunze hat in seinen Erinnerungen an Ernst Heimeran (MARGINALIEN, H. 128, 1992) auch auf diese bedeutende Reihe in schlichter Ausstattung, „schlanke Ganzleinenbände mit geradem Rücken“, hingewiesen. Nun gibt es im Netz unter www.venturus.de eine für Sammler, Liebhaber, Antiquare und Historiker wichtige Bibliographie der Sammlung. Es handelt sich um ein von Johannes Saltzwedel erstelltes numeriertes Verzeichnis aller erschienenen Ausgaben und Auflagen mit bibliographischen Angaben wie Umfang und Bindungsart. Korrekturen und Ergänzungen sind dem Bearbeiter willkommen. www.venturus.de ist die Homepage von Caroline und Johannes Saltzwedel (Hamburg). Auf ihr finden sich weitere wichtige Materialien zur Geistesgeschichte und Bibliographie wie ein Namenregister der Bibliographen mit Lebensdaten und Kataloghinweisen (als Ergänzung zu G.A.E. Bogeng, Die großen Bibliographen, Leipzig 1922) und die Bibliotheca Herderiana (Register zu Johann Gottfried Herders Privatbibliothek, 1904).
Dieter Schmidmaier

Multa paucis. Unter diesem Titel erscheint eine neu gegründete Reihe von Faksimile-Ausgaben seltener Schriften im Verlag La Finestra editrice in Trient (siehe die Verlagsseite im Internet www.lafinestra.com). Die Reihe wird vor allem seltene oder unbeachtete Texte und Traktate der frühen Neuzeit wieder neu zugänglich machen. Unter der Schirmherrschaft der Nationalbibliothek in Florenz, die auf großzügige Weise ihre reichen Altbestände zur Verfügung stellt, zeichnet mit Mino Gabriele ein hervorragender Kenner und Bibliophile für die Konzeption verantwortlich, der durch seine bisherigen Editionen (man denke an die kommentierte Ausgabe der Hypnerotomachia Poliphili oder seine Rekonstruktion des Corpus Iconographicum von Giordano Bruno) weithin Anerkennung gefunden hat. Als erste Bände der neuen Serie sind ein Faksimile der Commentaria symbolica des Antonius Ricciardus (Venedig 1591) sowie der von Johannes Pistorius herausgegebenen Ars cabalistica (Basel 1587) erschienen. Die Commentaria symbolica, die hier erstmals nach über vier Jahrhunderten erneut gedruckt werden (La Finestra editrice, Trento 2005, 2 Bde., XXIV S. + 371 Bl. und 309 Bl., ISBN 88–88097–91–0), stellen als ein alphabetisch geordnetes Kompendium von Begriffen eine Art Enzyklopädie des Symbolischen dar. Die dem Nachdruck vorangestellte Introduzione von Mino Gabriele (S. IX–XXIV) bietet eine Einführung zu Autor und Werk und diskutiert vor allem die verschiedenen Arten von Symbolismen, welche die Commentaria in sich vereinen. Als zweites Werk der Serie ist die Ars cabalistica wieder zugänglich gemacht (La Finestra editrice, Trento 2005, XVI + 979 S., ISBN 88–88097–97–X), eine Sammlung von mehr oder minder vermeintlich kabbalistischen Traktaten, welche Johannes Pistorius gegen Ende des 16. Jahrhunderts, in einer Zeit intensiver theologischer Auseinandersetzungen, auf Latein herausgegeben hat. Diese Sammlung vereinigt unter anderem Schriften von Paulus Ricius, Leo Hebraeus und Johannes Reuchlin. Eingeleitet wird auch dieser Nachdruck durch Vorworte von Jean-Pierre Brach und Mino Gabriele. Die großformatigen Faksimile-Bände zeichnen sich allesamt durch solide handwerkliche Fertigung aus und sind in weißgrauem Halbleinen gebunden. Als nächstes Projekt ist unter anderem ein Nachdruck der Schrift De harmonia mundi (1525) des Francesco Giorgio Veneto angekündigt.
Thomas Gilbhard

Die Schatzkammern der Universitätsbibliothek Gießen. Aus Anlaß des vierhundertjährigen Bestehens der Justus-Liebig-Universität Gießen 2007 öffnete die Universitätsbibliothek ihre Schatzkammern und veröffentlichte einen Band unter dem Titel Aus mageren und aus ertragreichen Jahren. Streifzug durch die Universitätsbibliothek Gießen und ihre Bestände. Hrsg. v. Irmgard Hort und Peter Reuter. Gießen: Universitätsbibliothek, 2007. 375 S. 8°. Pp. (Berichte und Arbeiten aus der Universitätsbibliothek und dem Universitätsarchiv Gießen; 58.) Euro 25. ISBN 978-3-9808042-7-1. Dies ist eine Geschichte von Mäzenen und Sponsoren und deren Spenden und Schenkungen, von Potentaten und Machthabern und deren Zuweisungen, von Verlust und Rückschlägen, vor allem im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges, den nur ein Zehntel des Bestandes überlebt hat. Es ist aber auch eine Geschichte des systematischen Auf- und Ausbaus und bestmöglicher Erschließung in den letzten Jahrzehnten. In Einzelbeiträgen wird eine Reihe von großartigen Spezialbeständen vorgestellt. Dazu gehören die mittelalterlichen Handschriften, die Sammlung von Rara (wie das Epos Theuerdank von dem Förderer der Buchkunst und Literatur Maximilian I.), die kostbaren juristischen Bücher aus der Bibliothek des 1989 verstorbenen Hochschullehrers Herbert Krüger (1905-1989), die studentischen Stammbücher des 18. Jahrhunderts als wertvolle Quelle des Kulturgeschichte der akademischen Schicht, die Sammlung Gießener Dissertationen aus vier Jahrhunderten von den Anfängen des Disputationswesens bis zur Online-Publikation, die wohl größte Sammlung von Schulprogrammen Deutschlands als bedeutende Quelle für die biographische Forschung, Autographen berühmter Persönlichkeiten sowie die bemerkenswerte Walter-Benjamin-Sammlung. Das alles wird ergänzt durch eine Beschreibung wichtiger Sponsoren, Mäzene und Stifter, einen Blick in die Geschichte der Bibliotheksgebäude, eine Darstellung des Universitätsarchivs und Einblicke in das Bildarchiv, aber auch erste Ergebnisse zum NS-Raubgut jüdischer Provenienz in der Universitätsbibliothek. Der Band ist ansprechend gestaltet, die einzelnen Beiträge sind sehr gut geschrieben und reich illustriert. Er ist eine Bereicherung für die Forschungsliteratur zur Geschichte deutscher Universitätsbibliotheken und für den Bücherfreund eine willkommene Ergänzung zu ähnlichen Publikationen anderer Einrichtungen. Da die Gießener Universitätsbibliothek durch eine Schenkung des Landgrafen Ludwig V. erst 1612 gegründet wurde, feiert sie 2012 ihr vierhundertjähriges Jubiläum, und dies sicherlich mit einer voluminösen historischen Darstellung und einer Jubiläumsausstellung.
Dieter Schmidmaier

Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte. Schon im 14. Jahrgang liegt ein Periodikum vor, das unter den Bücherfreunden bislang kaum bekannt sein dürfte und doch gerade für die neuen Bundesländern sehr viele einschlägige, auch für Bibliophile interessante Themen behandelt. Das Mitteldeutsche Jahrbuch für Kultur und Geschichte wird im Auftrag der Stiftung Mitteldeutscher Kulturrat von dem Historiker Christof Römer herausgegeben und von ihm gemeinsam mit dem Bibliothekar Harro Kieser und der Historikerin Gerlinde Schlenker redigiert. Publiziert wird es im Verlag Janos Stekovics. Der Begriff Mitteldeutschland ist denkbar breit gefaßt und erlaubt die Aufnahme fast aller Themen, die mit Geschichte und Gegenwart der neuen Bundesländern zu tun haben, einschließlich der DDR-Geschichte. Das Jahrbuch gliedert sich in einen Hauptteil mit ausführlichen Aufsätzen, einen Gedenkteil mit Chronologie und vielen personen- und ereignisgeschichtlichen Kurzbeiträgen, einem Nekrologteil, Ausstellungs- und Tätigkeitsberichtsteil und einen ausführlichen Rezensionsteil mit Besprechungen von Forschungsliteratur, Sachbuch und Belletristik. Das Autorenverzeichnis ist lang und mit vielen auch dem Bücherfreund bekannten Namen bestückt. Aus der Fülle der guten, meist ansprechend geschriebenen Beiträge sind für den Bereich der Buch-, Literatur- und Kunstgeschichte besonders hervorzuheben: Porträts der Bibliophilen Georg Witkowski und Fedor von Zobeltitz, des Verlegers Anton Philipp Reclam, des Maler Otto Möhwald, der Mystikerin Mechthild von Magdeburg, der Großherzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar-Eisenach, des Kardinals Albrecht von Brandenburg, der Schriftsteller und Publizisten Jurij Brězan, Klaus Günzel, Wolfgang Harich, Paul Gerhard, Ruth Werner, Mascha Kaléko, Alfred Kantorowicz, Sebastian Haffner und Wolfgang Koeppen. Unter den sage und schreibe 24 Rezensionen finden sich Bücher von und über Gleim, Sophie Mereau-Brentano, Immermann, Fontane, Harry Graf Kessler, Regina Scheer und Anna Seghers. Ein Vorzug des Jahrbuches ist also zweifellos die biographische Forschung, die systematisch, gründlich und leidenschaftlich betrieben wird und dadurch erinnert, bewahrt und anregt. Der gut bebilderte Pappband (ISSN 0946-3119) kostet 19,80 Euro.
C. W.

Königliche Gartenbibliothek Herrenhausen. Die aus dem ehemaligen Besitz des welfischen Königshauses stammende Bibliothek wurde 2005 vom Auktionshaus Reiss & Sohn in Königstein im Taunus katalogisiert und zum Kauf angeboten. Auf Bitte des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur in Niedersachsen wurden die Bestände auf die „Blaue Liste“ national wertvollen Kulturgutes gesetzt, die einen Verkauf ins Ausland untersagt. 2007 wurde die Königliche Gartenbibliothek für 3,3 Millionen Euro gemeinsam von der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover, der Anna Amalia Bibliothek Weimar und der Johann Christian Senckenberg Bibliothek Frankfurt am Main erworben. Nach ihrer Erschließung durch zwei Hannoveraner Institutionen (Zentrum für Gartenkunst und Landschaftsarchitektur und Leibniz Bibliothek) werden die Bestände in Ausstellungen öffentlich zugänglich gemacht. Die Königliche Gartenbibliothek umfaßt wertvolle Handschriften und Drucke aus dem 17. bis 19. Jahrhundert und ist ein Spiegel einer der bedeutendsten Gartenanlagen Europas. Vergleichbare Sammlungen befinden sich nur in den Bibliotheken der Royal Horticultural Society London und des Royal Botanic Garden in London (Kew Gardens).
Dieter Schmidmaier

Lessings Fabeln in der Breitkopf-Fraktur. Eckehart SchumacherGebler, Herausgeber der Reihe Bibliothek SG, in der zum Jahreswechsel die Ausgabe Fabeln. Drey Bücher von Lessing (München: SchumacherGebler, 2007) erschienen ist, erinnert in seinem Nachwort daran, daß noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ein in Fraktur gesetztes Buch Normalität war. Heute fehlt die Kenntnis nicht nur beim jungen Lesepublikum, sondern selbst bei Fachleuten wie jenem Schriftenmaler, der in einem Restaurant anstatt „Herren“ „Hexxen“ schrieb, weil er das Frakturx für r hielt. Wie in der Reihe üblich, beschreibt SchumacherGebler die verwendete Schrift aus ihrer Geschichte heraus. Sie entstand in Leipzig am Beginn des 18. Jahrhunderts und wurde nach dem Drucker und Schriftgießer J. G. Immanuel Breitkopf benannt, der sie jedoch nur als erster verwendete und nicht selbst schnitt. An ihrer Entwicklung waren mehrere Schriftschneider beteiligt, ohne das heute noch die Details der Entstehung zu rekonstruieren sind. „Man schnitt die Buchstaben nach einem überlieferten Schönheitsideal, das aber in gewisser Weise auch allgemeinverbindlich war. Das läßt auf Stilsicherheit, ausgeprägtes Formempfinden und hohes handwerkliches Können schließen. Und nur so war auch der Austausch untereinander möglich.“ Wie die Luther-Fraktur, die für einen anderen Band der Reihe verwandt wurde, gehörte die Breitkopf-Fraktur zu den meist benutzten Schriften.
Sie entstand also in zeitlicher Nähe zu Lessings Fabeln, die in vorliegendem Buch nach der zweiten Auflage von 1777 wiedergegeben werden. Jeder der meist knappen Texte hat eine eigene Seite erhalten, kann sich mithin in seiner Eigenart frei entfalten. Friedhelm Kemp erläutert in einer knappen literaturgeschichtlichen Nachbemerkung die Stellung von Lessings Fabeln in der Weltliteratur und seine Erklärungen zur Theorie der Fabel. - Freunde der Schriftgeschichte werden ihre Freude an dem schönen, schlichten Buch haben. Es wurde von Heinz Hellmis und Eckehard SchumacherGebler gestaltet, auf der Monotype gesetzt, im Buchdruck von der Offizin Haag-Drugulin (Leipzig) gedruckt und von der Firma Lachenmaier (Reutlingen) in Pappe gebunden. Der Band (ISBN 9783-920856-50-6) kann zum Preis von ??? in jeder Buchhandlung bezogen werden.
C. W.

Puschkins Schneesturm in der Edition M & M.
 


Der Pirckheimer-Freund Jürgen Meyer Jurkowski, Graphiker und Pressenverleger in Hamburg, zeigt einen neuen Druck in seiner Edition M & M an. Wie schon mehrfach gilt er dem russischen Klassiker: Alexandr Puškin, Schneesturm. Neu übersetzt von Peter Urban. Mit 15 Holzschnitten von Jürgen Meyer Jurkowski. 56 S. Leinen mit orginalgraphischem Umschlag. 4°. Büttenpapier. Textdruck: Druckerei Boyens Offset Heide/Holstein. Druck der Graphiken: Klaus Raasch. Einband von Christian Zwang. Die Auflage beträgt 50 Exemplar; die Normalausgabe kostet 310 Euro, die Vorzugsausgabe mit jeweils 4 ganzseitigen Bleistiftzeichnungen 480 Euro. Meyer Jurkowski haben vor allem die verhaltenen erotischen Andeutungen des Textes zu seinen Bildfindungen angeregt, er hat sie zu drastischen Szenen zugespitzt. Die Physiognomien sind karikaturhaft übersteigert. Ruhige Naturstimmungen werden gegen die Widrigkeit des tobenden Schneesturms gesetzt. Die Typographie lebt von dem Kontrast einer 12 Punkt Grundschrift und einer 200 Punktschrift für an den Außenrand gesetzte Einzelbuchstaben sowie den ganzseitigen einfarbigen Holschnitten.

Pariser An- und Einsichten. Pariser Ansichten ist eine Anthologie betitelt, die der Maximilian Dietrich Verlag und die Edition Curt Visel, beide in Memmingen, im letzten Jahr herausgebracht haben. In dem 119 Seiten starken Pappband berichten deutschsprachige Autoren des 19. und 20. Jahrhunderts über ihre Eindrücke aus dem Paris ihrer Zeit. Es handelt sich um Tagebuchnotizen, Essays und Briefe. Seinen besonderen Reiz erhält das Buch durch die als Pinsel- und Tuschezeichnungen ausgeführten Illustrationen von Jochen Stücke, der auch die Textauswahl besorgte. Eine einfühlsame Einführung schrieb Stefan Lüddemann, in der er das geradezu innige und fruchtbare Verhältnis des Künstlers zu Paris darlegt.
Jochen Stücke, 1962 in Münster/Westfalen geboren, studierte an der Fachhochschule Münster, war Meisterschüler bei Prof. Karl Christoph Schulz an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Inzwischen ist Stücke selbst Professor für Zeichnung und Illustration an der Fachhochschule Niederrhein in Krefeld. Bisher hat Stücke Werke von Proust, Zola, Kafka, Poe und Heine illustriert.
Die Liebe des Künstlers zu Paris wird in vielen seiner Bilder deutlich, so auch in dem jetzt vorliegenden Buch. Klar erkennbar zeigt sich eine Symbiose zwischen den Pariser Ansichten des Graphikers und den Texten der von ihm ausgewählten Autoren. Seine teils surrealistischen, teils skurrilen Bilder (einige über zwei Seiten reichend) zu den Ansichten der Autoren Uhland, Hebbel, Heine, Grillparzer, Wagner, Wedekind, von Hofmannsthal, Rilke, Kafka, Heym, Polgar, Roth und Tucholsky interpretieren nicht, sie ergänzen die Gedanken, Gefühle und Erlebnisse der Dichter. So ergeben sich vielfältige Einsichten in eine der lebendigsten Hauptstädte Europas mit ihrem so eigenen Flair, ihrer unverwechselbaren Atmosphäre, für viele Leser auch Wiedersehensfreude bedeutend, Erinnerungen weckend. Für Erstbesucher der französischen Hauptstadt kann die Anthologie als Einstiegslektüre durchaus empfohlen werden.
Die Lesefreude kann allerdings durch eine strapazierende Buchgestaltung beeinträchtigt werden. Das Seitenlayout bietet von Blatt zu Blatt ein anderes Bild. Die Spaltenbreite variiert zwischen 4,3 und 11,8 Zentimeter, der Außenrand ist zwischen 0,8 und 4,2 Zentimeter schmal beziehungsweise breit. Und das alles bei reinen Textseiten. Auch der Durchschuß wird im laufenden Text willkürlich geändert. Überschriften und Zwischentexte sind nicht sofort als solche zu identifizieren. Verwandt wurde eine Grotesk-Schrift. Das Ganze ist also ein gewagtes typographisches Experiment! Das Buch wird in der Normalausgabe (ISBN 978-3-87164-164-0) für 22 Euro angeboten, in der Vorzugsausgabe mit beigelegter Lithographie (ISBN 978-3-87164-1-7) für 62 Euro.
Ferdinand Puhe