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Kommentar: Polizei-Schweigemarsch für erschossene KollegInnen
Vor wenigen Tagen, mitten im hochsommerlichen Juni, spielte sich auf
Nordrheinwestfalens Strassen ein polizeiliches Drama ab, das die Republik
aufschreckte: ein "Amokschütze" erschoss bei einer polizeilichen
Verkehrskontrolle drei PolizistInnen und verletzte eine weitere lebensgefährlich. Alle Opfer wurden mit
Kopfschüssen getroffen. Der Täter, ein Mann Mitte dreissig, BMW-Fahrer, führte
noch weitere Waffen
mit sich und in seiner Wohnung fand sich ein ganzes Arsenal davon. Da der Schütze
angeblich Selbstmord beging ist er nicht mehr befragbar. Er wird
als geistesgestört hingestellt.
Bei der Beerdigung der erschossenen BeamtInnen demonstrierten 8.000
PolizistInnen für mehr Sicherheit im Dienst. Hochrangige PolitikerInnen
liessen reihenweise bemühte Statements ab oder hielten anrührende Reden. BürgerInnen legten Blumen nieder.
Soweit die Fakten.
Am Rande der Pressemeldungen konnte mensch erfahren, dass der Todesschütze in rechtsradikalen Kreisen verkehrte. Nun gut, dass dies in gewissem Ausmass mit Geisteskrankheit zu tun hat, wissen wir, bloss wüssten wir gerne mehr darüber. In 98% der Meldungen tauchte dieser Faktor der rechtsradikalen Identität des Killers nicht mehr auf. Die getöteten PolizistInnen sind nicht die ersten Opfer eines rechtsradikalen Schuetzen in der letzten Zeit. Mensch denke nur an den Pumpgun-Killer aus Berlin-Hellersdorf, der erst einem linken Buchhändler den Arm abschoss und dann auf seiner Flucht zwei weitere Polizisten umlegte.
Interessant ist auch der Aspekt der tödlichen Präzision, mit der unser
aktueller PolizistInnenmoerder mit seiner Waffe umging: er traf alle
PolizistInnen offenbar in Sekundenschnelle in den Kopf. Diese Fertigkeit
kann er sich nur als äußerst geübter Combat-Schuetze erworben haben.
Die Frage stellt sich: WO ? Wehrsportgruppe? Schiessverein? Bosnien?
Diese Schiesstechnik - Ziehen, sekundenschnell den Kopf des Opfers mit
einer grosskalibrigen Pistole treffen - wird nur in der Absicht des Tötens angewandt. Der/die Getroffene soll
definitiv kampfunfähig sein und
das ist er/sie am sichersten als ToteR. Es ist die sogenannte "shoot-to-
kill" action von der wir hier eine Performence hatten. Die wird oft von
sogenannten Antiterroreinheiten der "Sicherheitskräfte" angewandt wird.
Hier hat sie diese selbst getroffen; ein möglicher Nazi-Terrorist hat
geschossen.
Nun ist zudem noch in Erwägung zu ziehen, dass die PolizistInnen
eigentlich keine hilflosen Opfer waren, sondern ihrerseits grosskalibrige
Handfeuerwaffen trugen, an denen sie intensiv ausgebildet worden sind,
auch im Combat-Schiessen. Eine Standardübung ist beispielsweise,
blitzschnell zu ziehen, dem Gegenüber die kleinstmögliche Fläche zu
bieten und in Sekunden drei die Umriss-Scheibe treffende Schüsse abzufeuern. Von einer durchschnittlichen Schiessbegabung bei den
getroffenen PolizistInnen ausgehend, kann mensch unterstellen, dass
zumindest der/die jeweils zweite angeschossene PolizistIn eine gewisse
Chance gehabt haben muss zurückzufeuern, zumal der Killer laut
Medienmeldungen anscheinend ausstieg und mit ausgestrecktem Arm schoss
(dies kostet etwas mehr Zeit) und nicht aus der Hüfte.
Angesichts dieser Tatsache kann mensch sich ausmalen, mit welch gefährlichem
Schützen in GSG9-Qualitaet die PolizistInnen es zu tun
hatten. Als vermutlich durchschnittliche SchützInnen hatten sie keine
wirkliche Chance gegen den Mann, der unglaublich kaltblütig, präzise und
in einer "Paniksituation" seine Opfer SOFORT, offenbar mit dem ersten
Schuss in den Kopf traf. Hier hätte auch eine kugelsichere Weste nicht
den geringsten Schutz geboten.
Die Polizei muss diese Faktoren sofort nach den Schiessereien erkannt
haben und hat mit Sicherheit MEK-Kraefte eingesetzt. Angeblich soll die
Polizei sich stundenlang nicht an den Wagen des Killers herangetraut
haben, nachdem dieser gefunden wurde. Die Frage ist, was ist wirklich
geschehen? Hat der Täter sich tatsächlich selber gerichtet oder ist er
von einem Präzisionsschützen mit einer weittragenden Waffe getötet worden? Bei der
Gefährlichkeit des Schützen in Sachen tödlicher Schnelligkeit und Treffsicherheit
hätte er nämlich auch in einem MEK-
Team einiges anrichten können.
Soviel zum Tathergang.
Dass PolizistInnen in ihrem Beruf mit dem Auftauchen bewaffneter Gewalt rechnen müssen ist nicht nur klar, sondern drückt sich auch in der Tatsache aus, dass in Deutschland jeder PolizistIn, auch bei der zivilsten Handlung, eine schwere Kanone mit großem Kaliber in einem Schnellschusshohlster mit sich herumschleppt. Ab und zu trifft es trotzdem die einen oder anderen BeamtInnen: das ist leider der Normalfall. Dass es in diesem Fall gleich vier PolizistInnen erwischt hat, ist gravierend und bedauerlich, aber nicht völlig ungewöhnlich. Alle paar Jahre wird es einen solchen Vorfall geben, bei der gewalttätigen Konditionierung dieser Gesellschaft demnächst häufiger.
Dass sich darauf 8.000 PolizistInnen in ihrer Betroffenheit auf die Stiefel machen um mehr Sicherheit für sich einzufordern, ist verständlich und nachvollziehbar. Dass pflichtschuldigst ein paar hochrangige PolitikerInnen Ihre salbungsvollen Worte dazugeben ist auch der Normalfall.
Störend hingegen ist, dass dieser Normalfall kein Normalfall ist, wenn es
etwa um von Nazis umgebrachte AsylbewerberInnen geht. Hier kommt es nicht
zu spontanen polizeilichen Massendemonstrationen, spontaner polizeilicher Empörung,
unverzüglichem massivem Fahndungsdruck und dem entsprechenden
PolitikerInnenbrimborium. Im Gegenteil wird nachweislich oft
polizeilicherseits/ staatsanwaltlicherseits versucht, die Tat den Opfern
(z.B. Lübeck, Safwan Eid) und/oder linken AntifaschistInnen in die Schuhe
zu schieben.
In den letzten zwei Wochen hat es wiederum zwei von Nazis Erschlagene
gegeben: einen antifaschistischen Punk (22) in Eberswalde bei Berlin und
einen zu Tode geprügelten Mozambiquaner (Motiv: "purer Ausländerhass").
Obwohl die Zahl der Naziopfer in den vergangenen zehn Jahren in die
Hunderte geht und wahrscheinlich, die Dunkelziffer hinzufügend, schon das
halbe Tausend offensichtlich Erschlagener, Verbrannter, Überrollter,
Erschossener etc. überschritten hat und der Terror täglich weitergeht, hält sich hier die polizeiliche und staatsseitige
Empörung stark in
Grenzen und auffällig zurück.
Das seit Jahren offenbare Problem der Fussball-"Hooligans" beschäftigt gerade wieder alle Welt. Diese Faschobewegung unter den Tarnfarben des internationalen Fußballs zeigt uns alle Jahre wieder, was ihre eigentliche Motivation ist: AuslaenderInnenhass. In Brüssel wurden vom Hooligan-Mob wieder einmal ImmigrantInnen durch die Strassen gehetzt und verletzt, psychisch traumatisiert. Letztes Jahr wurde ein französischer Polizist beinahe umgebracht. Der deutsche Staat musste sich daraufhin - weil es ein französischer Amtsträger war, der von Deutschen beinahe zu Tode getreten wurde - in Entschuldiungsbücklingen verrenken.
Es ist zu hoffen, dass über die schmerzhafte Lektion zunehmend mehr von Rechtsradikalen erschossener PolizistInnen, bei Staat und Polizeiführung ein Umdenken stattfindet und endlich, endlich mit eiserner Faust gegen die Feinde der Menschlichkeit und der Menschheit vorgegangen wird. Es ist nichts weniger zu fordern als die völlige Zerschlagung aller nazistischen Terrorbanden und das kompromisslose Brechen ihrer lokalen Hegemonien ("National Befreite Zonen"). Erst dann können Millionen Menschen die in Deutschland leben wieder aufatmen und wird die Polizei weniger Tote durch schiesswütige AuslaenderInnenhasser und Faschisten zu verzeichnen haben.
RGL für LPA