Hamburg, 23.04.2001
PRESSEERKLÄRUNG:
An die Redaktionen
Inland / Europa / Türkei
SCHON 17 TOTE DURCH DAS TODESFASTEN GEGEN DIE EINFÜHRUNG DER ISOLATIONSHAFT IN DER TÜRKEI
DIE DEUTSCHE BUNDESREGIERUNG IST MITVERANTWORTLICH FÜR DIE SITUATION IN DEN TÜRKISCHEN GEFÄNGNISSEN
Am 19. 12. letzten Jahres stürmte der türkische Staat 20 Gefängnisse. 28
Gefangene wurden während dieser Militäroperation ermordet. Ziel des Regimes
war es den Hungerstreik und das Todesfasten von über 1000 gefangenen, die ihre
Aktion schon am 20.10.2000 begannen, zu brechen. Das Gegenteil ist aber
eingetreten. Weitere Gefangene haben sich dem Hungerstreik angeschlossen.
Kurze Zeit nach diesem Massaker besuchten mehrere Menschen in verschiedenen Städten
Büros der Grünen mit der Forderung, dagegen Stellung zu beziehen. In Hamburg
verfassten VertreterInnen der Grün-alternativen Liste ein Schreiben an den Grünen
Außenminister Fischer.
„...möchten wir sie bitten, im Wege bilateraler Kontaktaufnahme mit der Türkischen Regierung dieser deutlich zu machen, daß die Bundesrepublik die Vorgehensweise der türkischen Sonderpolizei und des Militärs gegen die Hungerstreikenden Gefangenen als schwerwiegende Verletzung verurteilt."(Auszug aus dem GAL-Schreiben an Fischer)
Daß die SPD-Bündnis90/Grünen-Regierung dies anders sieht, macht sie durch Taten deutlich. So setzt sie sich auf EU und G7-Ebene und gegenüber IWF und Weltbank für Kredite an die Mitten in einer Wirtschaftskrise steckende Türkei ein, ohne dies mit der Einhaltung von Menschenrechtskriterien zu verknüpfen. Die Kriterien, die für diese Kredite gelten sind die einer weiteren wirtschaftlischen Liberalisierung der Türkei, auf der Grundlage der Ausbeutungs- und Ausverkaufs-Kriterien von IWF und Weltbank, die von weiten Teilen der türkischen Bevölkerung abgelehnt werden. Außerdem empfing Außenminister Fischer seinen türkischen Amtskollegen Cem, sowie den Staatspräsidenten Sezer, ohne ein öffentliches Wort über die Menschenrechtsituation in der Türkei zu verlieren.
Auf der anderen Seite verhindern die Herrschenden gezielt, daß in
Deutschland über das Vorgehen des türkischen Regimes gesprochen wird.
- So weigerte sich der sogenannte Menschenrechtsausschuß des Bundestages
VertreterInnen einer türkische Menschenrechtsorganisation zu empfangen.
- Angehörigen der politischen Gefangenen in der Türkei wurde vom deutschen
Generalkonsulat in Isanbul die Einreisevisa verweigert. Sie wollten auf
Veranstaltungen über die Situation ihrer Söhne und Töchter in den türkischen
Gefängnissen berichten.
Seit dem Massaker an den Gefangenen in der Türkei sind 4 Monate vergangen und die Gefangenen befinden sich immer noch im Hungerstreik bzw. Todesfasten um die Institutionalisierung der Isolationshaft in den F-Typ Gefängnissen in die sie nach dem Massaker verlegt wurden, und die damit verbundene Folter zu verhindern.
- Mittlerweile sind 17 Menschen durch das Todesfasten bzw. einige davon durch
die vom türkischen Staat verordnete Zwangsernährung gefallen. Über 200
Gefangene sind in Krankenhäuser verlegt worden und befinden sich in einem
lebensbedrohlichen Zustand
- Einige Gefangene haben durch die als Folter zu bezeichnende türkische
Variante der Zwangsernährung (wahrscheinlich unwiederbringlich) ihr Gedächtnis
verloren
- Mindestens 20 Gefangene wurden vergewaltigt
- Über 1200 Gefangene, darunter Verletzte und Kranke, wurden in
Isolationszellen verlegt und dabei gefoltert und mißhandelt
- 2145 Angehörige wurden festgenommen, davon wurden 58 inhaftiert
- bei 120 freigelassenen Personen wurden Folterspuren nachgewiesen
- Vertretungen von 18 demokratische Organisationen wurden gestürmt und
durchsucht
- 4 Vereine bzw. Organisationen wurden verboten.
Ohne die wirtschaftliche, militärische und politische Unterstützung durch
die bundesdeutsche Regierung könnte sich das Mord und Folterregime in der Türkei
nicht länger an der Macht halten. Das Nichtverhalten der Regierung ermöglicht
es dem türkischen Staat an ihrer Vernichtungspolitik gegenüber den politischen
Gefangenen festzuhalten. So half schon die Vorgänger-Regierung bei der
Entwicklung der Isolationshaft-Zellen für die Türkei.
1990 besuchte eine staatliche Delegation aus der Türkei das Gefängnis in
Stuttgart-Stammheim, was international bekannt ist für die „perfekte
Isolation" von Gefangenen. Genau nach diesem „europäischen Standard
richtet sich die türkische Variante in den F-Typ Gefängnissen, ohne auf die
schon aus der Türkei bekannten Mißhandlungen und die Folter zu verzichten.
Die hungerstreikenden bzw. todesfastenden Gefangenen wehren sich mit ihrem letzten Mittel - mit ihrem Leben - gegen die Isolation. Sie haben in den letzten Monaten gezeigt wie ernst und wie wichtig ihnen dieser Kampf ist. Sie sehen in den neuen Isolationsgefängnissen ein weiteres Machtmittel des türkischen Regimes gegen das ganze Volk in der Türkei, daß zur Zeit durch die angesprochene Wirtschaftskrise existenziell bedroht wird und die gegen das Volk gerichteten IWF-Strukturprogramme schlucken soll.
DER TÜRKISCHE STAAT VERWEIGERT WEITERHIN DIE LEGITIMEN FORDERUNGEN DER HUNGERSTREIKENDEN BZW. TODESFASTENDEN ZU ERFÜLLEN:
- SOFORTIGE BEENDIGUNG VON FOLTER UND MISSHANDLUNGEN IN DEN TÜRKISCHEN
GEFÄNGNISSEN
- SOFORTIGE UND UNWIEDERBRINGLICHE AUFHEBUNG DER ISOLATIONSHAFT
- AUFNAHME VON DIREKTEN VERHANDLUNGEN MIT DEN GEFANGENEN DURCH DEN TÜRKISCHEN
STAAT, DAMIT DER HUNGERSTREK/DAS TODESFASTEN BEENDET WERDEN KANN
Wir wissen, daß viele Mitglieder der Regierungsparteien und gerade auch der Grünen die Türkeipolitik der Bundesregierung und des Auswärtigen Amtes nicht nachvollziehen können und wollen. Wir fordern diese Menschen, sowie alle Anderen, für die der Begriff Menschenrechte nicht nur Worthülse, sondern konkretes universelles Anliegen bzw. Kampfziel ist auf nicht länger zu schweigen.
WIR FORDERN DESHALB:
- DAS AUSSENMINISTERIUM AUF ÖFFENTLICH DIE
MENSCHENRECHTSVERLET-ZUNGEN IN DEN TÜRKISCHEN GEFÄNGNISSEN ZU VERURTEILEN.
- BIS ZUR AUFHEBUNG DER ISOLATIONSHAFT IN DEN TÜRKISCHEN GEFÄNGNISSEN JEDE
WIRTSCHAFTLICHE, POLITISCHE UND MILITÄRISCHE ZUSAMMENARBEIT MIT DER TÜRKEI
EINZUSTELLEN.
IKM Komitee gegen Isolationshaft
Am 153.Tag des TODESFASTENS hat Cengiz Soydas in dem F-Typ Gefängnis in
Sincan sein Leben verloren Der Todesfasten dauert an. Der Widerstand wird fortgesetzt. Heute am 153. Tag des Todesfastens ist der todesfastende Cengiz Soydas getötet worden, als er von dem F-Typ Gefängnis in Sincan zum Krankenhaus verlegt wurde. Die Verantwortlichen für diesen Mord sind der Weltöffentlichkeit bekannt. Es ist der faschistische türkische Staat. Seit 153 Tagen sind die politischen Gefangenen in der Türkei im Hungerstreik. Neben vielen politi-schen Forderungen fordern die Gefangenen die Abschaffung der F-Typ Isolationsgefängnisse. Der Staat hatte mit einem Massaker am 19.-22. Dezember 2000 auf die legitimen Forderungen der Gefangenen geantwortet. 28 Gefangene wurden bei diesem Massaker verbrannt und auf grausamste Art getötet. Doch der Widerstand konnte nicht gebrochen werden. Ca. 1200 Gefangene wurden in die neu gebauten F-Typ Gefängnisse verlegt. Dort wurde die Folter unaufhörlich fortgesetzt. Zwangsernährungen, Vergewaltigungen, Schläge und systematisches Folter gehörten zum Alltag der Gefangenen. Hunderte der Gefangenen sind jetzt an der Schwelle des Todes. Bei den meisten todesfastenden Gefangenen zeigen sich folgende Symptome; Blut im Urin, Vergesslichkeit, Schwindel, Schwierigkeiten bei der Einnahme von Zucker und Salz, Schlaflosigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen, Beinträchtigung der Sehfähigkeit, Zerstörung der inneren Organe. APPELL VON TAYAD AN DIE EUROPÄISCHE ÖFFENTLICHKEIT! WIR APPELLIEREN AN DAS GEWISSEN ALLER MENSCHEN INSBESONDERE DER EUROPAER, IN DEREN GEMEINSCHAFT DIESES LAND AUFGENOMMEN WERDEN SOLL, NICHT ZUZUSCHAUEN, WENN JETZT HUNDERTE UNSERER KINDER UNMITTELBAR VOR DEM TODE STEHEN. ABGESEHEN VON EINIGEN AUSSNAHMEN HABEN WIR KEINEN KONTAKT ZU IHNEN; HUNDERETE VON IHNEN SIND TROTZ SCHWERER VERLETZUNGEN IN TODESZELLEN VON GEFÄNGNISSEN EINGESPERRT UND DER WILLKÜR AUSGESTZT; VIELLEICHT IST DIE FORM IHRES PROTESTES FÜR DIE EUROPÄER ZU UNANGEMESSEN; WAS BLEIBT IHNEN ABER AUSSER DEN EINSATZ IHRES LEBENS ÜBRIG, WENN SIE AUCH OHNE PROTEST IN REGELMÄSSIGEN ABSTÄNDEN MASSAKRIERT WERDEN. GLAUBT NICHT NUR DEM PROPAGANDA EINES STAATES, DER DIE MENSCHENRECHTE SEIT JAHRZEHNTEN MIT FÜSSEN TRITT, HÖRT AUCH MAL DEN OPFERN ZU; LESEN SIE AUCH EINMAL DIE ERKLÄRUNGEN DER MENSCHENRECHTSORGANSATIONEN ODER DER INTELLEKTUELLEN. GERADE JETZT, DA IN UNSEREM LAND EIN TÖDLICHES SCHWEIGEN HERRSCHT UND DIE REGIERUNG EINES LANDES, DAS AUCH WIRTSCHAFTLICH AM ENDE IST, ZU ALLEM FÄHIG IST, IST DER DRUCK DER INTERNATIONALEN ÖFFENTLICHKEIT LEBENSNOTWENDIG. HANDELN SIE BEVOR ES ZU SPÄT IST!
Protestfaxe an:
Justizminister der Türkei, Hikmet Sami Türk TODESFÄLLE ZU VERMEIDEN LIEGT IN UNSEREN HÄNDEN! TRETEN WIR FÜR DIE FORDERUNGEN DER GEFANGENEN EIN! |